Am 25. April 2025 hat in Bern der zweite Swiss Coaching Day stattgefunden. Ich habe mich riesig auf diesen Anlass mit inspirierenden Themen und auf spannende Begegnungen gefreut.
Im Anschluss an die Generalversammlung des Berufs- und Fachverbands "Swiss Coaching Association" startete die Branchentagung mit einem einstündigen Workshop.
Zur Wahl standen drei verschiedene Themen - ich entschied mich für den Workshop "Resilienz bei Change-Resistenz", durchgeführt von Barbara Brunner Coaching. Auf spielerische Weise erlebten wir Veränderungsresistenz und die notwendigen Fähigkeiten, um Veränderungen im betrieblichen Umfeld wirkungsvoll zu begleiten. Eine der Aufgaben war, mit Schienen, die wir in den Händen hielten, eine kleine Kugel über eine Distanz von zehn Meter in einen Becher zu befördern. Unsere Begeisterung und der Jubel über die gemeistere Aufgabe waren so laut, dass wir im Verlaufe des Tages mehrmals darauf angesprochen wurden. Der Haupterfolgsfaktor für das Gelingen der Aufgabe war die Art und Weise, wie wir die Kommunikation zur Planung, Umsetzung und Durchführung der Aufgabe nutzten. Einfach gesagt - aber schwer gestaltbar. Was das Kommunikationssystem von den Mitteilungen der zehn Personen aus der Gruppe aufnahm und was davon verstanden wurde, lag nicht in unseren Händen. Geschweige denn, ob die Gruppenmitglieder das sagen konnten, was sie meinten und das verstanden wurde, was gesagt worden ist.
Beim Mittagessen bot sich die Gelegenheit, sich mit Weggefährtinnen und -gefährten aus dem betrieblichen Mentoring, von Weiterbildungen, Branchentreffen oder von früheren Arbeitgebern auszutauschen.
Am Nachmittag standen drei starke Keynotes im Fokus:
Nathalie Hauenstein sprach über die Wirkung des Coachings in der Hauenstein Gruppe, das als Familienunternehmen 1954 in der Region Thun gegründet worden ist und heute in der dritten Generation geführt wird. Folgende Zitate nehme ich mit:
- Zukunft braucht Herkunft
- Leading from within: innere Stärke, äussere Wirkung
Prof. Dr. Carsten C. Schermuly berichtete über die Zukunft der Arbeit (New Work statt New Würg) und das Psychologische Empowerment als Fundament für die moderne Arbeitskultur. Mit den vier Säulen "Kompetenz, Bedeutsamkeit, Einfluss und Selbstbestimmung" können Coaches bei sich selbst und bei ihren Kunden die Wirkung fördern und proaktives Handeln erleichtern. Er untermauert mit seiner Forschungsarbeit die breite Wirkung des Coachings. Diese Aussagen habe ich mir festgehalten:
- Das "Empowerment-Element" ist ansteckend. So hat man Einfluss auf das Umfeld
- Der Teufelskreis des Autoritären: Die Wahrheitskonstruktion wird herausgefordert
- Coaching ist empirisch gesehen effektvoll. Es hat mittelstarke Effekte, es wirkt breit, ist aber kein "Gamechanger"
Zehra Sirin nahm uns mit auf ihre Erfahrungen bei der Zusammenführung zweier sehr gegensätzlichen Organsiationsstrukturen und -kulturen. Die bildhafte Sprache und lebhafte Vortragsweise liessen das Publikum in das Auf und Ab des mehrjährigen Fusionsprozesses und den Umgang mit den Unsicherheiten eintauchen. Die Erfolgsfaktoren, kritischen Pfade und Learnings des Fusionsprozesses weiteten die Sicht aufs Thema Veränderungprozess. Punkte, die ich mir notiert habe:
- Man muss das Coaching in Fusionsprozessen spezialisieren, um allen Themenbereichen gerecht zu werden. In diesem Fusionsprozess waren dies Agilität, Fachwissen und HR
- Das Prinzip: Trust the process (ein ehrliches Grundvertrauen geben)
Im anschliessenden Podiumsgespräch diskutierten die Vortragenden ihre Erfahrungen und Kernaussagen. Das gab auch mir die Gelegenheit, die verschiedenen Eindrücke setzen zu lassen und folgende Aussagen für mich rauszupicken:
- Coaching soll selbstbestimmt in Anspruch genommen werden. Wird es vom Arbeitgeber nahegelegt, weil zum Bsp. "der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin aus der Reihe tanzt", muss das kritisch hinterfragt werden. Ist es nicht Aufgabe der Führungsperson, ihre Führungsverantwortung selbst wahrzunehmen und das Verhalten des Mitarbeiters bei Bedarf anzusprechen und eine Veränderung einzufordern?
- Über mögliche Nebenwirkungen des Coachings soll zu Beginn informiert werden (Stichwort "Reisefieber").
- Tipps für die Transformation:
- Die Teamphasen Forming, Storming, Norming und Performing als normalen Ablauf thematisieren
- Auf Konsent-Entscheidungen setzen (es genügt, dass keine schwerwiegenden Einwände bestehen)
- Bei Veränderungsprozessen Diagnostik einsetzen, passende Massnahmen wählen und die Ist- und Soll-Situation messen.
Sich einen Tag Auszeit zu nehmen und das vergünstigte Ticket als SCA-Mitglied in Anspruch zu nehmen, das hat sich für mich einmal mehr sehr gelohnt. Die Vertiefung in verschiedene Aspekte des Veränderungsprozesses und der Austausch mit Mitbewerbern waren eine Bereicherung.
[Roland Greber-Graf, 24. April 2025]
Bildquelle: Swiss Coaching Association auf organisator.ch