Kennst du das Gefühl, auf etwas sehnsüchtig zu warten? "Uf öppis z'plange", wie wir auf berndeutsch sagen?

Wenn wir gefragt werden, wo wir herkommen und wir mit "us em Stockental" antworten, ist eine oft gehörte Antwort: "Ou ou ou ou ou, das Schatteloch". Oder auch beliebt: "Heit dir no Schnee?"

Fakt ist: Vom 1. Dezember bis 13. Januar liegt unser Daheim im Schatten. Zwei Wochen später haben wir bereits wieder fünf Sonnenstunden täglich, sofern das Wetter mitmacht. Im Sommer zählen wir mehr Sonnenstunden als die traumhaft gelegenen Dörfer am rechten Thunerseeufer. Der Sigriswilergrat sorgt dafür, dass diese die ersten Morgenstunden im Schatten liegen.

Wieso ist das ein Blogbeitrag wert? Weil uns diese sechs Wochen und die ersten Sonnenstrahlen Mitte Januar daran erinnern, wie unbedacht wir manchmal durchs Leben gehen und uns z.B. den Ursachen für die Jahreszeiten kaum bewusst sind. Die Jahreszeiten entstehen, weil die Erdachse um 23,4° geneigt der Umlaufbahn um die Sonne folgt. Folglich spüren wir im Stockental sehr bewusst, dass wir die Sonne für ein paar Wochen aufgrund der Astronomie entbehren müssen (an anderen Wohnorten ist der Hochnebel der Grund für das fehlende Sonnenlicht).

Frühere Generationen waren sich der Bedeutung der Sonne fürs Leben mit Sicherheit viel bewusster. Das Sonnenlicht übte auf die Einzelnen z.B. einen stärkeren Einfluss auf die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus als heute. 1880 waren gemäss Bundesamt für Statistik 42 % der Schweizer Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig; nach einem Vulkanausbruch im 1815 kam es in der Schweiz zur letzten grossen Hungersnot (scnet.ch). Welchen Erdenfleck die Sonne bescheint, hat im heutigen Konsumleben und der Distanz zur Nahrungsmittelproduktion auf viele Mitmenschen keinen direkten Einfluss mehr.

Mit dieser Sichtweise verzichten wir gerne auf sechs Wochen Sonnenschein im Stockental und freuen uns an den 88,5 % im Jahresverlauf, wenn uns die Sonne je nach Wetter das Herz erwärmt. Entschädigt werden wir mit mehrmaligen Sonnenauf- und -untergängen, im November und in der zweiten Januarhälfte, wenn die massive Stockhornkette uns die Erdneigung bewusst macht.

Was hat das nun mit Coaching und Hypnosetherapie zu tun?

Es ist unsere Entscheidung, was wir aus den Rahmenbedingungen machen: Take (bzw. love) it, change it oder leave.

Das Gefühl, wenn nach sechs Wochen das erste Mal die Sonne wieder über die Stockhornkette blinzelt: Dankbarkeit.

Am 13. Januar war es wieder so weit. Zum ersten Mal im 2024 haben die Sonnenstrahlen in Oberstocken unsere Wangen geküsst.

[Roland und Liselotte Greber-Graf, undbewusst.ch, 14. Januar 2024]

Bildquellen: Eigene Aufnahmen (Jan. 2024 und Teaserbild in Blogübersicht vom Jan. 2022)